Kapitel 4.7.2 - Ätiologie der audiosensiblen Wahrnehmung
Herzog und Mitarbeiter sowie Bereznick und Koautoren zeigten, dass der audible crack durch das Öffnen der Intervertebralgelenke hervorgerufen wird (vgl. Herzog et al. 2001: 283f.; Bereznick et al. 2008: 201). Cramer und Mitarbeiter beobachteten, dass die Gelenkflächen der Articulatio zygopophysealis, welche während einer SHVLAM dekoptierten, weiter voneinander stehen als bei den Gelenken, die keine hörbare Kavitation aufwiesen (vgl. Cramer et al. 2011: 11f.). Das Zeitfenster, während dem die Gelenkflächen gewissermassen weiter auseinander stehen, wird refraktäre Periode genannt. Wenn der Proband postmanipulativ in Seitenlage liegen bleibt, dauert diese nach Bereznick und Koautoren zwischen 40 und 95 Minuten und hält durchschnittlich 68.33 Minuten an (vgl. Bereznick et al. 2008: 200).
Im Gegensatz zu anderen Studien konnten Cascioli und Mitarbeiter unter andauernder postmanipulative Traktion keinerlei refraktäre Periode der Kavitation beobachten. Somit ist der wissenschaftlicher Beweis einer räumlichen Distanzierung der Gelenkflächen der intervertebrale Gelenke bei SHVLAM auf Grund dieser Studie nicht gegeben (vgl. Cascioli et al. 2003: 356ff.).
Aussagen aus manualtherapeutischen Kreisen, wonach bei einer Kavitation auf Grund einer SHVLAM in der Synovialflüssigkeit des betreffende Gelenkes Gas freigesetzt wird (vgl. Gibbons/Tehan 2004: 38), sind kontroverse. Cascioli und Mitarbeiter konnten 2003 mittels Röntgendiagnostik oder durch computertomografische Untersuchung für eine Gasbildung innerhalb der intervertebrale Gelenke auf Grund einer SHVLAM keinen Beweis erbringen (vgl. Cascoli et al. 2003: 355). Hauptsächlich ältere Studien zwischen 1947 und 1990 belegen, dass sich nach einer Kavitation der Gelenksspalt der Grundgelenke der Finger erweitert und sich ein Gas bildet (vgl. Gibbons/Tehan 2004: 38f.). Unsworth und Mitarbeiter beschrieben im 1972, dass sich dieses Gas in Folge eines rapiden Abfalls des Innendrucks im metacarpophalangealen Gelenk bildet. Es besteht zu 80% aus Kohlendioxid. Nach eine refraktären Periode von 15 bis 30 Minuten wird das Gas von der Synovialflüssigkeit resorbiert (vgl. Unsworth et al. 1972: 355).